Darjeeling – Queen of hills

pure Darjeeling

 
 
 
Erzählte ich jemandem über meine
Teearbeit, dann war beinahe jedesmal der Name Darjeeling zu hören. Tatsächlich ist Darjeeling wohl eine der bekanntesten Teesorten. Also stand auf meiner Reiseroute nach Kalkutta – dem Haupthandelsplatz für Tee aus Darjeeling – Darjeeling selbst
– die Königin der Berge –

 

Bevor 1878 eine Bahnstrecke von Kalkutta bis zum Fuße der Berge fertiggestellt wurde, war eine Reise in die „Champagne des Tees“ sehr anstrengend.

Auf dem Weg von Europa bis Kalkutta war man 3 Monate unterwegs, anschließend stand noch ein 500 Kilometer langer und beschwerlicher Weg nach Norden bevor. Dr. Hooker schrieb 1848 in seinem Reisebericht: „Die Neuheit des Palankinreisens (womit er das Reisen in einer von sechs Männern getragenen Sänfte meinte) lässt diese Art der Fortbewegung zunächst als sehr angenehm erscheinen … später beginnt man die Unannehmlichkeiten zu zählen und empfindet einen solchen Tragstuhl als ein barbarisches Transportmittel. Der habgierige Schrei und die Gesten der Träger, wenn sie beim Wechsel deinen friedvollen Schlaf dadurch unterbrechen, dass sie eine Fackel vor dein Gesicht halten und ‚Bakschisch, Sahib‘ schreien, die Trägheit der nächsten Besetzung, die Trinkgelder wünscht…“ Eine solche Reise dauerte mehrere Wochen und war sicherlich ein Abenteuer für sich.

Für den Flug von Kalkutta zum nächstgelegenen Flughafen Darjeelings – Bagdogra, benötigt man heute eine knappe halbe Stunde.

Von hier sind es nur noch 100 Kilometer bis Darjeeling. Diese haben es allerdings in sich, denn der Flughafen liegt ungefähr 110 Meter über dem Meeresspiegel, während sich die Stadt Darjeeling auf einer Höhe von 2100 Meter befindet.

Ein Jeep benötigt mehr als drei Stunden, um die 2000 Höhenmeter auf der steilen und kurvenreichen Strecke zu überwinden. Auf derselben Trasse verläuft eine Schmalspureisenbahn, die legendäre Toytrain, mit der die ehemaligen Kolonialbeamten während der heißen Sommermonate nach Darjeeling zu fahren pflegten, um der drückenden Hitze Kalkuttas zu entfliehen. Die Trasse dient bis heute als Verkehrsweg, auf dem der Tee abtransportiert wird.

Darjeeling liegt also im Norden des indischen Subkontinents. Nördlich der Stromebenen des Brahmaputra und des Ganges erhebt sich der Himalaja, an dessen Südhängen der Distrikt Darjeeling im indischen Bundesstaat West-Bengalen liegt. Hier wird Tee in einer Höhe zwischen 300 und 2000 Metern angebaut, wobei der beste und feinste aus Höhenlagen von über tausend Metern stammt.

1840 wurden in diesem Gebiet die ersten Teepflanzen von dem Engländer Campbell kultiviert. Er begann mit Teesamen aus China. Bis 1874 stieg die Zahl der Teegärten auf 113 und es wurden bereits 19 000, hauptsächlich aus Ostnepal stammende Arbeiter, beschäftigt.

„Die Teeindustrie war nun fest etabliert, … Nichts war nun natürlicher, als dass die Pflanzer in Darjeeling alles versuchten, die Anbauflächen auszudehnen. … Die Gärten wurden zu Spekulationsobjekten, wie es Edward Money beschrieb: ‚Zuerst gab es ein verrücktes Fieber, als wir den ersten Erfolg hatten. Jedermann dachte, dass der Besitz einiger Teebüsche schon Wohlhabenheit bedeutete. Es kam vor, dass der Preis einer Plantage in kurzer Zeit auf das Acht- bis Zehnfache hochgetrieben wurde. Viele Gärten wurden an unmöglichen Stellen angelegt, meist von Managern, die einen Teestrauch nicht von einem Kohlkopf unterscheiden konnten, die keinen blassen Schimmer von den einfachsten Regeln der Landwirtschaft hatten. …Man war der Meinung, dass jeder Idiot einen Teegarten managen könne. Die Pflanzer damals waren eine sonderbare Mischung von pensionierten oder gefeuerten Heeres- und Marineoffizieren, Medizinern, Ingenieuren, Veterinären, Dampferkapitänen, Apothekern, Geschäftsleuten aller Art und was es sonst noch so in den Kolonien gab.‘ “ (VOLLERS 1981, S.37)

Aus diesem Grund kamen viele Betriebe in Schwierigkeiten. Es war auch schwierig, genügend Arbeitskräfte zu finden, obwohl man Menschen aus Nepal anwarb. Dieser Arbeitskräftemangel führte zu einem frühen Einsatz von arbeitssparenden Maschinen. Mr O’Brion entwickelte bereits 1872 eine Teerollmaschine sowie eine Sortiermaschine.

Darjeeling im März 2010

Bis 1950 war die Stadt Darjeeling typisch englisch: Gebäude, Straßennamen, Kirchen, Clubs und das gesamte gesellschaftliche Leben. Es gab Pferderennen, Polo, Golf, Billard, Badminton, Tennis, Kino, Bibliotheken und es wurden Tanztees veranstaltet.

Teegärten in Darjeeling

Etwa 186 000 Arbeitsplätze entfallen auf die Teeplantagen in diesem Distrikt. 1994 wurden knapp 11 000 Tonnen Tee produziert. (Interview mit Ranen Datta am 4. März 1996) Das entspricht etwa der Menge von 66 000 000 000 (66 Milliarden) gepflückten Schösslingen.

Das Klima wird durch eine kühle Jahreszeit zwischen Dezember und März, der Monsunzeit mit starken Regenfällen zwischen Juli und September, sowie den dazwischenliegenden trocken-warmen Abschnitten bestimmt. Von ihm hängt auch das Wachstum des Teestrauches, sowie die Qualität der geernteten Blätter ab.

Beim Wachstum gibt es Ruheperioden (Banjhi Cyclus), in denen sich, nach kräftigem Wachstum der Sprosse, eine relativ inaktive Periode anschließt. Das Wachstum zwischen den Ruheperioden wird als flush bezeichnet:

 

  • First-flush: Die Pflückung während der ersten Wachstumsperiode nach der Winterpause. Sie erfolgt im März und April. Der erste Tee erzielt sehr hohe Preise und wird teilweise mit dem Flugzeug in die Verbraucherländer transportiert.
  • Second-flush: Die zweite Pflückung schließt sich direkt an die erste an. Es entstehen ebenfalls qualitativ hochwertige Tees. Der Aufguss in der Tasse ist kräftiger und dunkler.
  • rain-flush: (bread and butter teas) Die Pflückung während der Regenzeit zwischen Juli und September ergibt eine mindere Teequalität, bedingt durch den Regen wächst die Teepflanze sehr rasch. Diese Tees entsprechen dem Anspruch des europäischen Verbrauchers in der Regel nicht und werden nicht exportiert.
  • autumn-flush: Die anschließende Herbstpflückung ab Oktober dauert bis zur Wachstumspause im Dezember und bringt noch einmal gute Qualitäten hervor.

Ein großer Teil der Teegärten in Darjeeling sind schon über hundert Jahre alt. Trotz des Alters leidet der Ertrag der Plantage nicht. Natürlich werden alte und schwache Pflanzen ausgetauscht, doch ist dies sehr teuer, denn eine neu gesetzte Pflanze kann in Darjeeling erst nach sieben bis acht Jahren wirtschaftlich gepflückt werden.

Kauft man in einem Geschäft Darjeelingtee, auf dessen Packung nicht „100% Darjeeling“ oder „reiner Darjeeling“ steht, können bis zu 40% des Inhaltes aus anderen Anbaugebieten stammen. „Lediglich 60% reiner Darjeeling müssen in der Packung sein. Das ist es, was die Deutschen wollen. Erst vor vier Jahren haben wir das Darjeelingsiegel zum Zeichen für wirklich 100% Darjeelingtee gemacht!“ (Gespräch mit RANEN DATTA, Repräsentant Darjeeling Planters Association, 2. März 1996)
Seit 2011 darf in der EU nur noch Tee als Darjeeling verkauft werden, der auch tatsächlich zu 100% aus der Region im Nordosten Indiens stammt.